Boier in Bayern

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Wer waren die Boier?

Die Boier (auch Boii oder Bojer) waren ein zu den Kelten zählender Stamm in Mitteleuropa. Die ursprünglich aus dem Gebiet Rhein, Main und Donau stammenden Boier siedelten im Gebiet der heutigen Staaten Tschechien, Slowakei, Ungarn, Österreich, im südöstlichen Teil Bayerns und bis auf den Balkan, sowie in Oberitalien. Die italischen Boier wurden nach 200 v. Chr. romanisiert und die nördlichen Boier zur Zeitenwende durch die Markomannen assimiliert.

Boiische Münze, Ungarn, 1. Jhd. v.C.

Der Name "Boier" selbst ist noch nicht ausreichend erklärt. Neben einer keltischen Bezeichnung für Schläger oder Krieger könnte auch eine Deutung als Rinderbesitzer  in Frage kommen.

Belegte Namen sind Boiorix (König der Boier, der Anführer der Kimbern um 120 v. Chr.) und Boiodurum (das heutige Passau). Ein Nachklang des Namens findet sich wahrscheinlich in den Gebietsnamen Böhmen (boio-hemum = Heim der Boier) und Bayern, welches sich vom Stammesnamen der „Bajuwaren“, lat. Baiuvarii, herleitet (germ. *baio-warioz, wobei der erste Bestandteil des Namens eine germanische Version von Boii sein dürfte; der zweite Teil gehört zu einer gebräuchlichen Bildungsgruppe für germanische Stammesnamen mit der Bedeutung „Bewohner“).

Südlich der Alpen: Italische Boier

Die wohl im 4. Jhd. v. Chr. nach Norditalien eingewanderten italischen Boier vermischten sich bald mit den dort lebenden Etruskern und Umbrern. Sie machten die etruskische Siedlung Felsina zu ihrem Hauptort Bononia (heute Bologna). Allerdings ist nicht bekannt, über welche Route der Teilstamm nach Italien wanderte. Einige Historiker wie z. B. Helmut Birkhan nehmen an, dass sie über die Alpen, vielleicht sogar über Hallein wanderten. Wenige andere glauben wiederum, dass die Teilung des Stammes sich erst in Böhmen vollzog, bzw. kurz vor der Erreichung dieses Gebiets, und die Wanderung über das spätere Noricum und Pannonien nach Illyrien nördlich der Adria und südlich der Alpen durch das Gebiet der Veneter in etruskisches Gebiet geschah.

Wegen des Raummangels bei den keltischen Stämmen Oberitaliens und des Landüberschusses der Etrusker, die ihnen trotz des Überschusses davon nichts überlassen wollten, kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Dabei wurden die Etrusker von den mit ihnen verfeindeten Römern unterstützt, so dass es letztlich zum Krieg führte. So kam es zur Eroberung Roms durch die Senonen und eventuell auch durch Teile der Boier, Insubrer und Lingonen (um 390 v. Chr.).
Danach siedelten sich die Boier im Gebiet nördlich des Apennins und südlich des Po bis zur Dreiergabelung des Po an und vermischten sich mit den dort ansässigen Etruskern. Es wurden Fürstengräber mit etruskischen Rüstungselementen und keltischer Bewaffnung gefunden. Die kulturelle Vermischung prägte auch die Ligurer, und durch den Handel mit den nördlich der Alpen gebliebenen Boiern gelangten Handelsgüter wie etwa Fibeln, die die Vermischung der beiden Kunststile aufwiesen, in böhmische Keltengräber.

Die Vernichtung der Senonen (Schlacht am Vadimonischen See 283 v. Chr.) war ein Anlass für die übrigen Stämme, einen gemeinsamen Angriff auf Rom zu unternehmen, der aber im Desaster von Telamon endete.

Danach wurden die Boier und schließlich die Insubrer und die anderen Stämme befriedet und romanisiert. Ein gewisser Teil floh wohl zu ihren Verwandten in Mitteleuropa.

Später erhoben sie sich ein letztes Mal unter Hannibal gegen die Römer, aber nach der Rückkehr des Puniers nach Karthago wurde seine Armee aufgerieben und die Gebiete ein weiteres und letztes Mal unterworfen.

Nördlich der Alpen: Böhmische Boier

Die in Böhmen verbliebene Gruppe der Boier breitete sich nach Noricum, Pannonien und vereinzelt nach Gallien aus. Aus ihrem Stammesgebiet wurden die Boier im 1. Jhd.  v. Chr. von Markomannen und Dakern zum Teil verdrängt. Die verbleibenden Stammesangehörigen gingen in den Markomannen und Dakern auf.

Von Böhmen aus breiteten sich die Boier bis nach Südpolen und Südschlesien hin aus, von wo sie im 3. und 2. Jhd. v. Chr. von den erstarkenden germanischen Vandalen zurückgedrängt wurden. Im Osten drangen sie in die pannonische Tiefebene (im heutigen Ungarn), vielleicht sogar bis nach Rumänien vor, wo sie schließlich von den Thrakern aufgehalten und im 2. und 1. Jhd. v. Chr. von den keltisierten Dakern zurückgeschlagen wurden.

Im westlichen Ungarn und dem Burgenland (Österreich) wurden die Boier unter Boiorix, dem König der Kimbern, der vielleicht auch über die Boier dieser Gegend herrschte, von den Dakern verdrängt, nachdem sie in einer Schlacht besiegt worden waren. Die Boier kämpften in ihren Gebieten in Niederösterreich, dem nordöstlichen Oberösterreich und dem nördlichen Burgenland gegen die Kimbern, Teutonen und Ambronen, die sie erfolgreich abwehren konnten.

Caesar schrieb, dass die Boier, kurz bevor sie sich den Helvetiern mit 32.000 Köpfen bei deren Auswanderung anschlossen, Noreia belagert haben. Das lässt darauf schließen, dass sie sich im Ostalpenraum bis in die Steiermark und das südliche Burgenland, vielleicht sogar auf Teile Kärntens und Salzburgs ausgebreitet hatten. Die in der Schlacht von Bibracte besiegten Boier wurden von Caesar um Gorgobina im Gebiet der Häduer in Gallien angesiedelt.

In den letzten beiden Jahrzehnten der vorchristlichen Ära wurden die Boier durch die suebischen Markomannen aus ihrem böhmischen und ostösterreichischen Stammesgebiet nördlich der Donau verdrängt und größtenteils von diesen assimiliert. Während des Alpenfeldzuges des Tiberius wurden die Boier, neben weiteren 45 Stämmen im rätischen Teil des heutigen Baiern, als einer der letzten unterworfenen Stämme erwähnt. Der Name eines Limes-Grenzers um 278 n. Chr. lautet Boius, was schlicht der Boier bedeutet.

Neueste Theorien gehen davon aus, dass das Gebiet der Boier, zumindest aber eines markanten boiischen Einflusses, im Westen entlang der Donau bis an das Oppidum Manching gereicht haben könnte. Um ca. 50 v. Chr. verschwanden die Siedlungen, auch Manching wurde verlassen, es entstand die "Boiische Einöde". Der Verbleib der keltischen Bevölkerung ist bis dato noch nicht geklärt und ist Gegenstand zahlreicher Hypothesen. 

(Spätkeltische Viereckschanze bei Wildenberg, Kreis Kelheim)